Mehr Freiräume für Studierende
Anfang Jahr hat Rektor G¨¹nther Dissertori ein Projekt angestossen, um im akademischen Kalender Freir?ume f¨¹r die Studierenden zu schaffen und das Pr¨¹fungswesen zu vereinfachen. Im Interview spricht er ¨¹ber erste Erkenntnisse und Szenarien.
G¨¹nther Dissertori, weshalb dieses Projekt mit dem Namen PAKETH?
Dissertori: Zum einen gibt es f¨¹r die Studierenden fast keine Zeit, sich zu erholen. Nach dem Fr¨¹hlingssemester beginnt die Lernphase f¨¹r die Pr¨¹fungen im August und September und kurz darauf schon das n?chste Semester. In manchen F?llen beansprucht ein ETH-Studium 50 von 52 Wochen im Jahr. Es bleibt auch kaum Zeit f¨¹r Praktika oder Projekte neben dem Studium. Zum anderen ist das Pr¨¹fungssystem f¨¹r die Dozierenden und die Administration ¨¹ber die Jahre zu komplex geworden.
Was konkret ist so komplex?
Dissertori: Unsere Studieng?nge sind sehr individuell aufgebaut und die Pr¨¹fungsreglemente sowie die administrativen Systeme bilden diese Individualit?t aufw?ndig ab. Das wirkt l?hmend in einer Zeit, in der wir bereit sein m¨¹ssen, Studieng?nge schnell weiterentwickeln zu k?nnen. Und wenn die Studierendenzahlen so weiterwachsen, wie wir es erwarten, wird uns ein solch komplexes System bald einmal ¨¹berfordern.
Was also soll sich durch das Projekt ver?ndern?
Dissertori: Die Studierenden sollen von der Dauerbelastung befreit werden, indem wir Pausen einbauen im akademischen Kalender. Konkret denken wir an eine l?ngere Pause im Sommer und eine k¨¹rzere im Winter, zus?tzlich eine unterrichtsfreie Woche im Herbstsemester. Das ist ein Ziel. Dar¨¹ber hinaus wollen wir das Pr¨¹fungswesen vereinfachen.
Wie k?nnen wir das erreichen, wo setzen Sie an?
Dissertori: Wir wollen unter anderem auf Pr¨¹fungsbl?cke und Jahreskurse verzichten und so den Weg ?ffnen, dass sich Leistungskontrollen immer auf den entsprechenden Kurs beziehen und zeitnah erfolgen. Auf diese Weise wird es m?glich, die Schlusspr¨¹fungen n?her am Semesterende durchzuf¨¹hren, wir denken an zwei, eventuell drei Wochen nach Semesterende. Dadurch entsteht nach den Pr¨¹fungen eine Sommerpause.
Ein Sommer ohne Pr¨¹fungsstress d¨¹rfte die Studierenden freuen. Zugleich m¨¹ssten sie ja dann den ganzen Stoff in deutlich weniger Zeit bew?ltigen. Wie geht das auf?
Dissertori: Das ist ein wichtiger Punkt! In einem solchen neuen Modus braucht es einen Unterricht, in dem die Studierenden w?hrend des Semesters laufend mehr lernen und verarbeiten k?nnen. Das heisst f¨¹r die Dozierenden: Die Inhaltsvermittlung, die Verarbeitung durch die Studierenden und die Leistungskontrollen m¨¹ssen n?her zusammenr¨¹cken, m¨¹ssen besser integriert sein. Leistungsnachweise sollen wo m?glich nicht allein aus Schlusspr¨¹fungen, sondern auch aus Leistungsnachweisen w?hrend des Semester bestehen. Realistischerweise wird dies in vielen F?llen nicht ohne eine Reduktion des Stoffumfangs gehen.
Weniger Stoff? Leidet nicht die fachliche Kompetenz, wenn man Inhalte reduziert?
Dissertori: Dann w?ren wir zu weit gegangen, das wollen wir nat¨¹rlich nicht. Die Qualit?t unserer Ausbildung wird sich allerdings k¨¹nftig nicht mehr an der reinen Quantit?t des Wissens messen lassen, sondern daran, wie unsere Absolventinnen und Absolventen mit Wissen umgehen und wie sie es anwenden k?nnen. Ich weiss aus eigener Erfahrung als Dozent, dass es in Vorlesungen Spielraum gibt, Stoff wegzulassen, ohne dass die Fachkompetenz leidet. Wir sollten zwischen Wissen und Verst?ndnis unterscheiden. Wenn wir eine laufende Verarbeitung und Reflexion w?hrend des Semesters f?rdern, f?rdern wir auch das tiefe Verst?ndnis der Materie.
Die Gestaltung der Vorlesungen liegt in der Zust?ndigkeit der Dozierenden. Wie l?sst sich eine Reduktion des Stoffes umsetzen?
Dissertori: Das wird sicher keine Hauruck-Aktion von wenigen ¨C wir brauchen die ganze ETH daf¨¹r. Es braucht ein Umdenken bei den Dozierenden. Und ich sp¨¹re eine Bereitschaft dazu aus den R¨¹ckmeldungen, die ich erhalte. Nat¨¹rlich werden wir Dozierende gerne bei dieser Entwicklung unterst¨¹tzen. F¨¹r die Umsetzung ist wichtig, dass die Ó¢»ÊÓéÀÖ den Arbeitsaufwand f¨¹r die Studierenden pro Lernveranstaltung laufend kontrollieren und steuern. Wichtig wird dabei sein, dass das Feedback der Studierenden bei den Ó¢»ÊÓéÀÖn ankommt und dass es etablierte Korrekturmechanismen gibt.
Sie haben sich nicht gerade wenig vorgenommen¡
Dissertori: Ja. Aber wir nehmen uns die n?tige Zeit daf¨¹r. Und es ist wichtig, dass wir bei dem Projekt nicht nur bei einem Symptom ansetzen und Pr¨¹fungswochen umherschieben, sondern die Ursachen anschauen und das System gesamtheitlich neu einstellen. Es h?ngt so vieles zusammen: Die Anpassungen im Pr¨¹fungswesen und im akademischen Kalender zum Beispiel erfordern neue Reglemente in allen Studieng?ngen ¨C das wollen wir nutzen, um bei den Studienreglementen eine Standardisierung anzustreben. Wie befreiend ein solch grunds?tzliches Vorgehen wirkt, haben die Diskussionen mit den Ó¢»ÊÓéÀÖn am Lehrretreat im Juni gezeigt. Es herrscht Aufbruchstimmung.
Gibt es Dinge, die Sie mit PAKETH nicht antasten?
Dissertori: Ja, nat¨¹rlich. Zum Beispiel wird das Studienjahr weiterhin aus zwei Semestern bestehen und diese werden zeitlich nicht verschoben. Hier sind wir im schweizweit koordinierten Kalender eingebunden.
Wo steht das Projekt, sind schon Entscheide gefallen?
Dissertori: Am Lehrretreat im Juni haben wir uns auf die erw?hnten Ziele und die Stossrichtung geeinigt. Und wir haben uns einen Zeitplan gegeben: Als n?chstes arbeiten wir die skizzierten Ideen weiter aus und f¨¹hren sie in einem Gesamtkonzept zusammen. Dieses geht im Fr¨¹hling 2024 in die Vernehmlassung. Im Sommer dann soll die Schulleitung den Umsetzungsentscheid f?llen k?nnen. Einf¨¹hren m?chten wir die ?nderungen per Studienjahr 2026/27.
Wie k?nnen sich die Studierenden und die Ó¢»ÊÓéÀÖ einbringen?
Dissertori: Ihre Mitsprache ist zentral, schliesslich werden sie es sein, die Ver?nderungen in der Praxis umsetzen m¨¹ssen. Wir haben auf verschiedenen Ebenen einen Austausch aufgebaut. In den Projektteams f¨¹r die Detailkonzeptphase sind zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter aus Ó¢»ÊÓéÀÖn und dem VSETH eingebunden.
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